Westschweizer Sozialdiakonie: Ordination ist Standard

Westschweizer Sozialdiakonie: Ordination ist Standard

Was macht eigentlich eine Genfer Sozialdiakonin und wie wird man Sozialdiakon im Waadtland? Und werden alle Diakone ordiniert? Eine kleine Übersicht zur Frage von Ausbildung, Status und Bezahlung westschweizer Diakoninnen und Diakone.

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Westschweizer Sozialdiakonie: Ordination ist Standard

Was macht eigentlich eine Genfer Sozialdiakonin und wie wird man Sozialdiakon im Waadtland? Und werden alle Diakone ordiniert? Eine kleine Übersicht zur Frage von Ausbildung, Status und Bezahlung westschweizer Diakoninnen und Diakone.

Fachperson soziale Beziehungen

Die Berufsausbildung der Pfarrer/innen und der Diakon/innen wird einheitlich vom Office protestant de la formation (OFP) für die gesamte Westschweiz gewährleistet. Die Ordination hingegen bleibt historisch bedingt im Kompetenzbereich der Kantonalkirchen. Derzeit gibt es keine für die gesamte Romandie gültige Vereinbarung zu Inhalt und Praxis der Ordination.

Tatsächlich ist die Ordination auf kantonaler Ebene ein komplexes Thema. Die Koordination zwischen Pfarramt und diakonischem Dienst wird unterschiedlich gehandhabt. Grundsätzlich aber ist der diakonische Dienst in der Romandie ein ordiniertes Amt und gehört zum diakonischen Auftrag der Kirche. Die drei zentralen Aufgabenbereiche sind soziale Dienste, soziale Beziehungen und spirituelle Begleitung, also Seelsorge.

Diakoninnen und Diakonie sind in der Westschweiz Fachpersonen für soziale Beziehungen und Gemeinschaftsarbeit, die Pfarrerinnen und Pfarrer hingegen sind Fachpersonen für Sinnfragen, wobei sich die Sinn- und Beziehungsebene überschneiden. In der Westschweiz werden beide Ämter als gleich « würdig » angesehen, es ist nur eine Frage der Position.

Die Berufsausbildung in der Westschweizer Sozialdiakonie

Alle zwei Jahre nehmen in der Romandie rund 20 Kandidatinnen und Kandidaten an einem Zyklus zur Berufsqualifikation teil.

Bis auf den Jura müssen alle Kandidatinnen für den diakonischen Dienst der Kirchen der Conférence des Eglises romandes CER für ihre spezielle Qualifikation an einer berufsbegleitenden theologischen Ausbildung teilnehmen, die von den Kirchen organisiert wird, zum Beispiel Cèdres Formation der Église vaudoise, Explorations théologiques für die Kirchen Bern, Jura und Neuenburg oder vergleichbare Ausbildungen. Vorausgesetzt wird ausserdem eine erste berufliche Qualifikation in den Bereichen Soziales, Gesundheit, Erziehung oder vergleichbare Erfahrungen.

Vor dem Berufspraktikum müssen die zukünftigen Sozialdiakoninnen und Sozialdiakone an einem 16 Tage dauernden Vorbereitungskurs teilnehmen, danach beginnt das 18 Monate dauernde Praktikum, das 60 Ausbildungstage und regelmässige Beurteilungen einschliesst. Im Rahmen dieser Ausbildung finden 20 Tage gemeinsam mit den Kandidatinnen und Kandidaten für das Pfarramt statt. Die Ausbildung schliesst mit dem Diplom « formation diaconale » ab und ermöglicht eine Anfrage zur Ordination bei einer der Kirchen der CER.

Zeitpunkt der Ordination: drei Modelle

Auch wenn jede Kirche ihre Besonderheiten hat, können in der Romandie drei Modelle ausgemacht werden. Die Besonderheiten zeigen sich vor allem im Zeitpunkt der Ordination während des beruflichen Werdegangs der zukünftigen Pfarrerinnen oder Diakone, weniger im theologischen Verständnis der Ordination.

Bern-Jura-Solothurn
Die Ordination der Pfarrerinnen und Diakone findet sofort nach der Grundausbildung, mit Beginn der ersten Anstellung, statt. Sie wird normalerweise individuell in der Gemeinde, in der der Pfarrer oder die Diakonin amtet, gefeiert. Mit der Ordinationsfeier werden nicht nur die beruflichen Kompetenzen der betreffenden Person anerkannt, sondern sie ist gleichzeitig eine Anerkennung ihrer Berufung.

Waadt-Neuenburg-Freiburg-Wallis
Am Ende der Berufsausbildung üben der Pfarrer oder die Diakonin ihr Amt zwei Jahre lang aus. Dieser Zeitraum wird « suffragance » genannt. Am Ende dieser Zeitspanne findet eine kollektive Ordinationsfeier in einem besonderen Gotteshaus statt. Dieses Modell unterscheidet also zwischen der Bescheinigung der Kompetenzen und der tatsächlichen Berufung.

Genf
In der Genfer Kirche ist die Ordination nicht obligatorisch. Diese Praxis hat ihren Ursprung vor circa 50 Jahren, als eine ganze Generation Pfarrerinnen und Pfarrer die Ordination verweigerte. Damit wollten sie den Klerikalismus bekämpfen und das den Reformatoren so wichtige Prinzip des Priestertums aller Getauften aufwerten. Heutzutage wird eine Ordination meistens kollektiv sowohl für Pfarrerinnen und Pfarrer, als auch für Diakoninnen und Diakone veranstaltet.

Fazit: Ein gemeinschaftliches und kirchliches Ereignis

Für Pfarrer Didier Halter, Leiter des Office protestant de la formation der CER, wird die Ordination an sich heutzutage nicht mehr infrage gestellt. Sie werde sogar als Höhepunkt der beruflichen Identität gesehen. Die kollektive Praxis bleibe wahrscheinlich die Norm, entsprechend würden sich die unterschiedlichen Verfahren immer mehr angleichen.

Und schliesslich: Der Status der Westschweizer Sozialdiakonie

Die Genfer und die Neuenburger Kirchen halten auch weiterhin ausdrücklich an den Besonderheiten des diakonischen Amtes fest. Im Kanton Waadt ist die Situation ein wenig anders; dort nehmen viele Diakoninnen und Diakone eine Pfarrstelle ein. Das erklärt sich einerseits aus dem Pfarrermangel und andererseits daraus, dass es in der Romandie, anders als in der Deutschschweiz, für Spätberufene keinen schnelleren oder berufsbegleitenden zweiten Bildungsweg für das Pfarramt gibt.

Betrachtet man die Entlohnung, so wird der gleichwürdige Status der beiden kirchlichen Ämter nur in Genf und Neuenburg durch gleichen Lohn ausgedrückt. Im Wallis ist der Lohnunterschied vom Ausbildungsweg abhängig, eine Universitätsausbildung wird höher entlöhnt. Im Kanton Waadt verdienen Pfarrpersonen mehr als Diakoninnen und Diakone.

Westschweizer Sozialdiakonie

 

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