Thesen zur Lebenskunst des Alter(n)s

Thesen zur Lebenskunst des Alter(n)s

Ältere Menschen sind Menschen im aktiven Alter. Sie haben viele Erfahrungen, sind gerne aktiv, wollen etwas Sinnvolles zur Gemeinschaft beitragen. Mehr als die Hälfte engagiert sich ehrenamtlich. Mit einer Zusammenfassung von Thesen für die kirchliche Altersarbeit haben sich nun mehrere reformierte Kantonalkirchen im Thema positioniert.

Ältere Menschen sind stark im freiwilligen Engagement

44 Prozent der 55- bis 74-Jährigen sind freiwillig aktiv, stellte jüngst die Beisheim-Stiftung in einer Medienmitteilung fest. Bei den Schweizerinnen und Schweizern ab 15 Jahren sind dies 39 Prozent. Männer vermehrt in Sportvereinen, Frauen häufiger sozial oder karitiativ. Die Sportvereine führen die Liste mit 12,1 Prozent der Freiwilligen an, während die kirchlichen Organisationen und Religionsgemeinschaften mit 10,9 Prozent im Mittelfeld liegen.

52 Prozent der 55- bis 74-Jährigen engagiert sich laut Mitteilung informell im näheren sozialen Umfeld, verglichen mit 46 Prozent der Bevölkerung im Alter ab 15 Jahren. Frauen leisten besonders viel freiwillige Care-Arbeit. 77 Prozent der 55- bis 74-Jährigen erbringen nachbarschaftliche Hilfeleistungen, indem sie mit Kleinigkeiten aushelfen, den Briefkasten leeren, Pflanzen giessen oder die Katze der Nachbarn füttern, verglichen mit 72 Prozent der Bevölkerung im Alter ab 15 Jahren.

Motive des freiwilligen Engagements sei die Freude an der Tätigkeit, der Kontakt zu anderen Menschen und die persönliche Entwicklung, so die Beisheim Stiftung. Wer sich freiwillig engagiere, treffe sich zudem häufiger mit Freunden, Kollegen und Verwandten.

Vor der Pensionierung könne sich über die Hälfte der in Vereinen und Organisationen engagierten Männer vorstellen, ihr Engagement auszubauen. Bei den Frauen falle vor allem der hohe Anteil auf, der ein erstmaliges oder erneutes Engagement ins Auge fasse. Demnach überlegen sich 71 Prozent der zurzeit nicht in Vereinen und Organisationen engagierten Frauen im Alter von 60 bis 64 Jahren einen Einstieg oder Wiedereinstieg.

Es brauche nicht nur den richtigen Zeitpunkt, sondern auch die richtige Anfrage, so die Stiftung. Mit einem guten Thema, Flexibilität und Teamgeist gewinne man 55- bis 74-Jährige für die Freiwilligenarbeit.

Thesen Kirchliche Altersarbeit

Kirchliche Altersarbeit richtet sich genau an diese Menschen, liest man die „Thesen kirchliche Altersarbeit“ des Runden Tisches Alter der Reformierten Kantonalkirchen der Schweiz. Menschen, die aktiv sind, sich einbringen wollen, Fragen zum eigenen Älterwerden haben, sich mit Glaubensfragen auseinandersetzen, aber auch solche, die von Besuchsdiensten und Mittagstischen profitieren.

„Altersarbeit hat zur Aufgabe, Menschen zu ermutigen, den Prozess des Alterns zu bejahen und kreativ zu gestalten“, heisst es in den Thesen. Altersarbeit möchte „zu einer Lebenskunst des Alter(n)s anregen“. Dabei gebe es nicht „das“ Alter. Nie seien Menschen so vielfältig wie im Alter. Ältere Menschen bildeten ein grosses Potenzial für die Freiwilligenarbeit, sowohl bezüglich ihrer zeitlichen Verfügbarkeit als auch hinsichtlich ihrer reichen Erfahrung.

Mit dem Ende der Berufstätigkeit gehe oft das Zugehörigkeitsgefühl, eine Erfahrung von Erfolgserlebnissen sowie ein Teil der eigenen Bedeutsamkeit verloren. Älterwerden solle jedoch nicht das Ende der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben bedeuten, sondern eine Möglichkeit, die eigene Zukunft und die der Gesellschaft mitzugestalten.

Dabei spreche kirchliche Altersabeit Menschen nicht auf ihr Alter an, sondern es würden Inhalte vom Alter und über das Alter thematisiert. Die Arbeit geschehe in Zusammenarbeit mit der Zielgruppe und ihrem Umfeld. Ältere Menschen würden mit ihren Kompetenzen und Bedürfnissen in die Entwicklung und Durchführung von Angeboten einbezogen, geprägt von der Haltung, zusammen zu gestalten.

Kirchliche Altersarbeit, so die Thesen weiter, pflege die Zusammenarbeit mit lokalen und regionalen Partnern wie Pro Senectute, der Spitex, den politischen Gemeinden oder Seniorenvereinigungen und mit anderen Kirchgemeinden. So entstünden neue Möglichkeiten. Dabei heisse Altersarbeit immer auch Generationenarbeit.

Die Mitarbeitenden arbeiteten lebensweltorientiert, betonen die Thesen. Sie seien vor Ort präsent und gingen zu den Menschen. Sie leisteten aufsuchende und besuchende Arbeit. Und: „Sie haben dafür die nötigen Ressourcen.“

Kontaktpflege in Krisen wie Einsamkeit, Lebensmüdigkeit und anderen Krisensituationen wie Corona: Kirchliche Altersarbeit pflege Beziehungen und Erfahrungen weiter, die sie vor der Krise aufgebaut habe. Sie suche aber auch neue Formen des gemeinschaftlichen Zusammenseins und passe die Rahmenbedingungen den neuen Anforderungen an, zum Beispiel mit regelmässigen Telefonkontakten, Unterstützungsmöglichkeiten wie Einkaufshilfe, begleiteten Spaziergängen mit Abstand.

Das Gleichgewicht zwischen Geben und Nehmen bilde ein zentrales Merkmal der Gestaltung sozialer Beziehungen im Alter, so die Thesen weiter. Es fänden sich zahlreiche empirische Belege, die deutlich machten, wie sehr alte Menschen innerhalb und ausserhalb der Familie Sorgeleistende und eben nicht nur Empfangende seien.

Die Thesen kirchliche Altersarbeit wurden vom Runden Tisch Alter entwickelt, dem die Kantonalkirchen Thurgau, Graubünden, Bern-Jura-Solothurn, St.Gallen, Aargau und Zürich angehören. Bereits 2011 legte die Arbeitsgruppe Empfehlungen für die Altersarbeit in Kirchgemeinden vor.