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Schlechtere Sozialhilfeleistungen, aber mehr Druck

Feb 3, 2020 | Archiv, Armut und Not

Die strukturellen Ursachen von Armut müssen angegangen werden und Sozialhilfebeziehende brauchen mehr Handlungsspielraum, statt sie einem Armutsregime um Zwang und Kontrolle zu überlassen, so Fachleute am Caritas-Forum in Bern.

Obwohl sich die Leistungen der Sozialhilfe in den vergangenen Jahren verschlechtert haben, nimmt der Druck auf die Betroffenen zu, so die Caritas in einer Medienmitteilung zum Forum. Sozialhilfe habe mit bedürftigen Menschen zu tun, die ein Recht auf menschenwürdige Existenz hätten, heisst es. Das bedinge nicht nur ein finanzielles, sondern auch ein soziales Existenzminimum.

Die Warnehmung der Sozialhilfe sei stark von der Missbrauchsdebatte geprägt, obschon das eigentliche Problem der hohe Anteil an Armutsbetroffenen sei, welche freiwillig auf Sozialhilfe verzichteten. In der Schweiz müsse endlich die Frage der sozialen Ungleichheit gestellt werden, statt der Einstellung Vorschub zu leisten, wonach jeder selber verantwortlich für seine Lage sei, wird der Lausanner Sozialwissenschaftler Jean-Pierre Tabin zitiert. Dies blende strukturelle Ursachen wie auch die fehlenden Integrationsmöglichkeiten des Arbeitsmarktes aus.

Sozialhilfebeziehende seien im Rechtsstaat Schweiz zunehmend Willkür und Bevormundung ausgesetzt, so Pierre Heusser von der Unabhängigen Fachstelle für Sozialhilferecht laut Mitteilung. Sie würden systematisch in ihren Grundrechten eingeschränkt und zu Bürgerinnen und Bürgern zweiter Klasse degradiert. Dabei gehöre es zu den Grundsätzen der Sozialhilfe, die Selbsthilfe zu fördern und die Hilfe in Zusammenarbeit mit den Betroffenen zu erbringen, statt diese zu bevormunden.

Weiterbildung müsse als Integrationsmassnahme in den Fokus der Sozialdienste rücken, so der neue Präsident der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe SKOS, Christoph Eymann. Wer in jungen Jahren keine abgeschlossene Berufsausbildung habe, trage ein grosses Risiko, von der Sozialhilfe abhängig zu werden.