Zürich: Ein fröhlicher Friede wird möglich

Zürich: Ein fröhlicher Friede wird möglich

Starke Menschen sind besser gefeit gegen Vereinnahmung, Vereinzelung und Vereinsamung, sagt das Diakoniekonzept der Zürcher Reformierten. Deswegen ermächtigt Diakonie die Menschen.
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Zürich: Ein fröhlicher Friede wird möglich

Starke Menschen sind besser gefeit gegen Vereinnahmung, Vereinzelung und Vereinsamung, sagt das Diakoniekonzept der Zürcher Reformierten. Deswegen ermächtigt Diakonie die Menschen.

„Das Diakoniekonzept hält die Sehnsucht nach Recht und Gerechtigkeit wach. So motiviert es zum Handeln.“ Mit solch programmatischen Worten geleitete der Kirchenrat der Zürcher Reformierten 2012 das Diakoniekonzept der Landeskirche in die Praxis. Es verleihe dem diakonischen Handeln Orientierung und Profil“ der diakonischen Kirche Identität.

Diakoniekonzept Zürich: Entstehung

„Die Entstehung des Konzepts lag sehr lange Zeit in Wehen und gestaltete sich am Schluss eher als Zangengeburt“, so Frieder Furler, ehemaliger Leiter der Abteilung Diakonie der Reformierten Kirche Zürich. Was den Prozess stocken liess, sei die Vielfalt möglicher Zielsetzungen, dahinterstehender Interessen und theologischer Ansätze gewesen. Schlussendlich ist in einem kleinen Team unter Leitung von Furler innerhalb der Jahre 2011 und 2012 sowohl das im TVZ-Verlag erschienene Hintergrundbuch „Diakonie – eine praktische Perspektive“ als auch das darauf aufbauende Diakoniekonzept der Zürcher Landeskirche entstanden. „Für das Diakonat hat es sicher eine identitätsstiftende Wirkung entfaltet“, so Furler.

Diakoniekonzept Zürich

Bild © Diakoniekonzept Zürich, Daniel Lienhard.

Die christlichen Wurzeln mögen gesellschaftlich anstössig oder umstritten sein, als Besonderheit seien sie jedoch „am sozialen Markt der pluralistischen Gesellschaft eine Stärke“.

Herkunft

Die Vision der Diakonie sei Gerechtigkeit auf Erden und gleiches Recht für alle Menschen, heisst es weiter: „Ein fröhlicher Friede wird möglich“. Entsprechend wir Diakonie als „tätige Nächstenliebe“ bezeichnet. Sie suche Menschen auf, komme auf sie zu und sei ihnen nahe. Der Weg der Nächstenliebe wird dabei als interaktiv und partnerschaftlich beschrieben, denn „wer auf den Nächsten zugeht, dem kommen sie entgegen“. Die Partnerschaft bedeutet zudem eine Begegnung auf Augenhöhe.

Diakonie hat christliche Wurzeln, stellt das Zürcher Konzept fest. Und noch viel mehr ist sie Wesensmerkmal und Zeichen, gleichsam das „praktische und sichtbare Profil“ der Kirche. Diese Wurzeln mögen gesellschaftlich anstössig oder umstritten sein, als Besonderheit seien sie jedoch „am sozialen Markt der pluralistischen Gesellschaft eine Stärke“.

Zweck

Individualisierung, Globalisierung und Säkularisierung, oder Differenzierung, wie das Diakoniekonzept Zürich sagt. Diese drei Prozesse sind zweideutig: ihre Schattenseiten machen die Diakonie zur Notwendigkeit, während ihre Stärken wirksames diakonisches Handeln ermöglichen. Selten wurde der Zweck der Diakonie so kurz und prägnant zusammengefasst. Und wie hat sie Erfolg? Durch Zivilcourage, Weltoffenheit und Vielfalt, antwortet das Zürcher Konzept.

Diakonie möchte ermächtigen und strebt die „Sozialisierung“ der Verantwortung aller für das überindividuelle Ganze an, folgt als Erläuterung. Sie sucht dem Individuum in seiner Lebenslage gerecht zu werden, sie individualisiert die Chancen. Angesichts der Individualisierung drehe sich alles um Gesundheit und Wohlergehen, so wie angesichts der Globalisierung Existenz und Arbeit wichtig werden und so wie angesichts der gesellschaftlichen Differenzierung Zugehörigkeit und Teilhabe entscheidend sind. Denn: „Starke Menschen sind besser gefeit gegen Vereinnahmung, Vereinzelung und Vereinsamung“. An vielen Stellen des Zürcher Diakoniekonzeptes finden sich solche sprachlichen Schätze, die eigentlich in grossen Lettern auf Plakate und Bahnen gehören.

Profil

Diakonisches Handeln gewinnt an Kraft, wenn es seine Aktivitäten bündelt und Weichen für das eigene Profil stellt. Dazu gibt das Zürcher Diakoniekonzept mit der „Zwölffeldertafel“ ein reizvolles, wenn auch komplexes Werkzeug an die Hand. Die Tafel soll Diakonie „ein Gepräge“ verleihen und gleichzeitig Spielraum lassen. Die Elemente sollen situationsbezogen gewichtet und als leitbildartige Vorschläge verstanden werden.

Die Tafel ordnet Zielgruppen und Kernthemen zu. Menschen in vielfältigen Lebensformen, Jugendliche und junge Erwachsene sowie ältere Menschen und Hochbetagte zählen zu den Zielgruppen, die vormals genannten Zweckgebäude Gesundheit und Wohlergehen, Existenz und Arbeit sowie Zugehörigkeit und Teilhabe sind Kernthemen. Dazwischen ergeben sich Beziehungen und milieubewusste „Kultur“-Felder.

Und wofür steht die Diakonie in all dem ein: Für die Bejahung und Förderung des Lebens sowie für eine Vielfalt in Verbundenheit. So komplex die Tafel auch ist, so klar sind die daraus abgeleiteten Maximen.

Dies gilt auch für die zentralen Aussagen zur Kultur der Diakonie: Sie vertritt demnach eine „Kultur der Gastfreundschaft“ gegenüber Anderen und Fremden, eine „Kultur der Gestaltung“ gegenüber Entwicklung und Entfaltung, und eine „Kultur der Wertschätzung“ gegenüber jeder Person und ihrer Würde.

Arbeitsweise

Stark ist die Diakonie in der Vielfalt ihrer Arbeitsweisen, so das Diakoniekonzept Zürich. Und sie setzt auf koordinierte und unterscheidbare diakonische Profile der freiwillig Engagierte, des Sozialdiakonats und des Pfarramtes.

Dabei vollzieht sich Diakonie im Dreischritt Hinschauen, Erkennen und Handeln. Kardinaltugenden sind dabei offenes Netzwerken und transparentes Kommunizieren. Dabei – und hier schliesst sich der Kreis – ermächtigt sie, macht also „aus der Diakonie für andere schlussendlich eine Diakonie durch andere“.

Material

Bild © Diakoniekonzept Zürich, Daniel Lienhard.

Diakoniekonzept Zürich

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