Aktuelles

CH: Bern: Auch bei assistiertem Suizid Seelsorge bis zum Sterben

Sep 18, 2018 | Archiv, Krankheit

Die Anerkennung des Wunsches nach einem assistierten Suizid ist nicht ganz auszuschliessen, stellt die Berner Reformierte Kirche in einer Position fest. Die seelsorgerliche Begleitung gilt auch in diesem Fall bis zum Sterben.

Der assistierte Suizid hat die kirchliche Praxis erreicht, stellt die Reformierte Kirche Bern-Jura-Solothurn in ihrer Position “Solidarität bis zum Ende” zu pastoralen Fragen rund um den assistierten Suizid fest. Leben und Tod könnten nicht als gleichwertige Wahlmöglichkeit auf eine Ebene gestellt werden. Aber: “Ganz auszuschliessen ist auch für eine biblisch-theologische Sicht die Anerkennung des Wunsches nach einem assistierten Suizid nicht.” Ein Grenzfall, betonen die Reformierten, wenn jede andere Möglichkeit eine noch grössere Belastung bedeutete. Die Kirche betont den Vorrang des Lebens, es dürfe sich aber kein Zwang ergeben, leben zu müssen.

Seelsorge auch bei assistiertem Suizid

Für die Seelsorge gelte das Prinzip der bedingungslosen Solidarität, wird betont. Dies sei auch bei assistiertem Suizid zentral. Wenn Pfarrpersonen Menschen begleiteten, die auf diesem Weg aus dem Leben zu scheiden planten, sei dies keine ethische Beurteilung dieser Absicht. Auch die Tätigkeit einer Sterbehilfeorganisation werde durch die Begleitung nicht kirchlich sanktioniert. Stattdessen werde die Entscheidung und der Wunsch respektiert, Begleitung zu erhalten.

Die Pfarrerinnen und Pfarrer seien deshalb in der Verantwortung, suizidalen menschen und ihren Angehörigen beizustehen – “selbst dann, wenn man mit der gefällten Entscheidung nicht einverstanden ist”. Niemand könne jedoch zur Begleitung bis ins Sterbezimmer verpflichtet werden. Wo eine seelsorgerliche Begleitung aus Gewissensgründen abgelehnt werde, könne sie vom Bereich Theologie der Berner Kirche übernommen werden.

Das Bewusstsein von Alternativen kann befreiend wirken, stellt die Berner Kirche fest. Entsprechend könne Seelsorge hier das Bewusstsein öffnen. Die Möglichkeiten von Palliative Care oder das Abschliessen einer Patientenverfügung werden genannt. Ebenfalls entlastend könne wirken, wenn jemand über andere Möglichkeiten, das Sterben zu beschleunigen, orientiert wird, etwa das Sterbefasten.

Palliative Care und Hospizarbeit fördern

Grundsätzlich wichtig sei, dass die Stimme der Kirche in die öffentliche Debatte rund um das Thema einfliesse, betonen die Reformierten. Weiter sollten Alternativen bekannt gemacht werden. Das gelte besonders für die Palliative Care: “Die Ausgaben für palliative Medizin stehen nach wie vor in keinem Verhältnis zu denjenigen für kurative Medizin, obwohl längst bekannt ist, wie wichtig ein ausgebautes Palliativangebot für ein angstfreies Verhältnis zum Sterben ist.” Dazu gehöre die “entschiedene” Förderung ambulanter und stationärer Hospizarbeit.

Die Debatte spiegele das Verhältnis der Gesellschaft zu Leben und Sterben, schliesst die Broschüre. Die Normalisierung von assistiertem Suizid könne den Druck erhöhen, teure medizinische Massnahmen nicht bis zum bitteren Ende in Anspruch zu nehmen. “Die Gefahr ist gross, dass plötzlich nicht mehr nur der Entscheid zum Sterben begründungspflichtig wird, sondern auch der Entscheid zum (Weiter-)Leben.”