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CH: Aufbruch und Ernüchterung – Studie zu jungen Secondos in der Schweiz

Apr 27, 2018 | Archiv, Bildung und Beruf

Aufbruch, Ernüchterung und Anpassungsfähigkeit: Eine Langzeitstudie der ZHAW hat über zehn Jahre die gesellschaftliche Positionierung von Secondos untersucht. Die Einblicke machen betroffen, lösen aber auch Respekt aus, so die Wissenschaftler.

Die Forscher führten mit 23 Teilnehmenden Interviews zu deren 16., 19. und 26. Lebensjahr durch. Sei bei der ersten Befragung dabei “eine Grundstimmung des Aufbruchs deutlich wahrnehmbar”, sei diese schon drei Jahre später einem Gefühl der Ernüchterung gewichen. 

Vielen sei es “trotz hohem Engagement” nicht gelungen, eine Lehre in ihrem Wunschberuf zu finden, sondern mussten auf wenig beliebte Ausbildungsplätze ausweichen. Auch seien gescheiterte und aus Angst vor Ablehnung zurückgezogene Einbürgerungsbegehren ein Thema.

Mit 26 verbinde die Interviewten eine hohe Leistungsbereitschaft und die Anpassungsfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt. Manche gelinge ein schrittweiser Aufstieg, andere kämpften weiter mit der ökonomischen Prekarität. “In beiden Situationen sind Erschöpfung und Überforderung zu beobachten”, so die Forscher.

Während Erfahrungen von Stigmatisierungen im alltäglichen sozialen Kontext abnähmen, sei “indirekter Rassismus vor allem bei Jugendlichen aus dem ehemaligen Jugoslawien ein Thema, Verletzung durch öffentliche und mediale Diskurse betreffen überwiegend junge Musliminnen und Muslime”.

Volksabstimmungen wie die Durchsetzungsinitiative verunsichern. Die Befragten fühlen sich nicht anerkannt und ausgegrenzt. Die soziale Verunsicherung der Secondos habe “insofern eine besondere Qualität, als zusätzlich deren gesellschaftliche Zugehörigkeit bis hin zur Aufenthaltssicherheit infrage gestellt wird”. Der Druck auf die jungen Erwachsenen sei immens.

Bedarf und Möglichkeiten zum Handeln gibt es laut ZHAW sowohl auf gesellschaftlicher wie auch auf sozialarbeiterischer Ebene. Wichtig sei, in Beratungen genau hinzuhören, welches ihre Themen und Belastungen seien. Insbesondere dürfe es nicht darum gehen, einseitig immer mehr Druck auf Einzelne auszuüben, während wichtige Massnahmen auf kollektiver Ebene wie ein erleichterter Zugang zu politisch-rechtlicher Gleichberechtigung oder ein verbesserter Diskriminierungsschutz ausblieben.